Impfung & Umfrage zur Impfbereitschaft, Long-Covid
In den letzten Monaten erreichen uns in unserem Servicebüro regelmäßig Fragen rund um das Thema „Impfen & Long-Covid“. Die interessantesten Inhalte haben wir für Sie hier zusammengestellt:
Können Heilpraktiker:innen im Impfzentrum „aushelfen“?
Für Impfungen besteht ein Arztvorbehalt. Rund um das Impfen müssen Ärzte (aufgrund der erforderlichen besonderen Fachkenntnisse) bestimmte Teilschritte persönlich leisten:
• Anamnese/ Impfanamnese
• Indikationsstellung
• Aufklärung und Beratung der Patient:innen
• Entscheidungen über die Impfung
• Ärztliche Behandlung beim Auftreten einer unerwünschten Impfreaktion
Subkutane und intramuskuläre Injektionen gehören aber zu den Leistungen, die der Arzt unter seiner Aufsicht, Weisung und Anwesenheit an qualifizierte Mitarbeiter:innen delegieren kann. Medizinische Fachangestellte (MFA) sind in staatlich geregelter Ausbildung grundsätzlich entsprechend qualifiziert.
Ein:e MFA kann dann
• die Applikation des Impfstoffes vornehmen
• die Dokumentation übernehmen und ggf. Impfbescheinigung ausstellen
Wie ein:e MFA könnten Sie eingesetzt werden, wenn Sie eine vergleichbare Qualifikation nachweisen können. Die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung ist kein entsprechender Qualifikationsnachweis.
Quellen: Kassenärztliche Vereinigung Hessen/RKI/VUH-Rechtsforum
Was ist mit dem Impfstoff von Herrn Prof. Stöcker?
Impfstoffe sind Arzneimittel, die das Immunsystem zum Schutz vor Infektionskrankheiten aktivieren.
Der Impfstoff von Herrn Prof. Stöcker ist nicht zugelassen. Es handelt sich derzeit um einen „experimentellen Impfstoff“.
Je weniger Wissen und Erfahrung zu einem Impfstoff (Arzneimittel) zur Verfügung stehen, desto größer ist das Risiko für die Patient:innen. Deshalb dürfen experimentelle Arzneimittel oder Impfstoffe (egal ob „zugänglich“ oder nicht!) in der Heilpraktikerpraxis nicht zum Einsatz kommen.
Möglich wäre sogar, dass der Impfstoff von Herrn Prof. Stöcker irgendwann als „bedenklich“ eingestuft wird.
Stellungnahme des PEI zu Prof. Stöcker:
Können einzelne Phasen der Impfstoffentwicklung ausgelassen werden?
Dürfen Heilpraktiker:innen eine Empfehlung zum „Nicht-Impfen“ geben?
Grundsätzlich ist es möglich, dass Sie eine schriftliche Empfehlung in Form eines Attestes aussprechen, aber ob diese Empfehlung auf Akzeptanz stößt, ist eine andere Frage.
Die Impfleistung des Arztes ist ein umfassender Prozess: Auch die Aufklärung und Beratung der Patient:innen sowie die Bewertung, ob eine Impfung durchgeführt werden kann, obliegen dem Arzt. Ärzt:innen besitzen aufgrund der ärztlichen Aus- und Weiterbildung die für die Impfung oder Nicht-Impfung erforderlichen Fachkenntnisse. Diese Aus- und Weiterbildung besitzen Heilpraktiker:innen nicht.
Wir produzieren jetzt mal ein Worst-Case-Szenario: Jemand lässt sich aufgrund Ihrer Empfehlung nicht impfen, erkrankt an COVID-19 und durchleidet schwerwiegende Komplikationen bis hin zum Tod.
Jetzt steht also in Abwägung, bei einer Patientin/einem Patienten z.B. einen möglichen „Krankheitsschub“ hinzunehmen, weil ihr/sein Immunsystem nach einer Impfung einfach arbeitet, oder eine beatmungspflichtige COVID-19-Erkrankung in Kauf zu nehmen. Wie wird es haftungsrechtlich dann wohl für die/den verantwortlichen Heilpraktiker:in ausgehen?
Letztlich treffen die Patient:innen die Entscheidung, ob sie sich impfen lassen möchten oder nicht. Die Impfberatung erfolgt – unserer Ansicht nach – durch den (behandelnden) Arzt.
Umfrage zu „Einflussfaktoren der Impfbereitschaft“
Im Rahmen einer Online-Studie des Lehrstuhls für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Bergischen Universität Wuppertal werden Faktoren untersucht, welche einen Einfluss auf die Impfbereitschaft im Zusammenhang mit COVID-19 haben. Der Fragebogen richtet sich explizit an volljährige Personen, die einen medizinischen Heilberuf (auf Grundlage der bundesgesetzlichen Regelung für Heilberufe) ausüben oder als Heilpraktiker:in tätig sind.
Das Team der Umfrage würde sich freuen, wenn wir als Teil des Gesundheitssystems das wissenschaftliche Vorhaben unterstützen.
Hier geht es zur Umfrage: www.soscisurvey.de/ImpfbereitschaftC19
Dürfen Heilpraktiker:innen Long-Covid behandeln?
Heilpraktiker:innen dürfen COVID-19 nicht behandeln. Was jedoch möglich ist, ist die Behandlung der Langzeitfolgen nach überstandener Infektion.
„Long COVID“ oder „Post-COVID-19-Syndrom“ sind Symptome, die im Zusammenhang mit einer COVID-19-Erkrankung oder auch danach aufgetreten sind, mehr als 12 Wochen nach Erkrankung noch vorliegen und nicht anderweitig erklärt werden können.
Das RKI erläutert:
„Der Einfachheit halber verwenden wir in dieser FAQ den Begriff der „gesundheitlichen Langzeitfolgen von COVID-19“ und beziehen uns auf Anzeichen und Symptome, die sich während oder nach einer COVID-19-Erkrankung entwickeln, längere Zeit anhalten und nicht durch eine anhaltende Infektion (PCR nachgewiesen) oder alternative Diagnose erklärt sind. Menschen, die nach einer COVID-19-Erkrankung an so definiertem Long COVID leiden, sind nicht ansteckend.“
Quelle RKI: www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/gesamt.html
Wichtig, aus der ganz neuen „S1 Leitlinie Post-COVID/Long-COVID“ für Ärzt:innen geht hervor:
„Die Pathogenese des Post-/Long-COVID-Syndroms ist nicht geklärt, sie ist multifaktoriell und nicht bei jedem Patienten gleich. Mögliche Trigger sind langdauernde Gewebeschäden, eine Persistenz von Viren oder Virusbestandteilen sowie eine chronische (Hyper-)inflammation und/oder Autoimmunphänomene.
Zahlreiche Studien weisen aus, dass unter Verwendung molekulargenetischer Testverfahren in verschiedenen Organen eine Viruspersistenz für mehrere Monate bei Patienten nachgewiesen werden kann [15], [16], [17], insbesondere bei Patienten mit Immundefekten [18]. Andere Studien weisen eine Virusausscheidung im Respirationstrakt [19] oder Gastrointestinaltrakt [20] über 4 bzw. 2 Monate nach COVID-19 Infektion nach, ohne dass die Patienten unter Symptomen leiden müssen. Somit kommt es ohne Zweifel bei einer Gruppe von Patienten zu einer Viruspersistenz, die zumindest bis zu einem gewissen Ausmaß eine Immunaktivierung bedingen kann.“
Das sollten Sie beachten!
Um Post-/Long-COVID zu diagnostizieren, werden vier Kategorien herangezogen:
- Symptome, die aus der akuten COVID-19-Phase oder deren Behandlung fortbestehen,
- Symptome, die zu einer neuen gesundheitlichen Einschränkung geführt haben,
- neue Symptome, die nach dem Ende der akuten Phase aufgetreten sind, aber als Folge der COVID-19 Erkrankung verstanden werden,
- Verschlechterung einer vorbestehenden Grunderkrankung.
Eine Therapie durch Heilpraktiker:innen darf nicht bei Persistenz von Viren oder Virusbestandteilen erfolgen.
Zur Orientierung: Die ärztlichen Post-Covid-Sprechstunden beginnen oftmals erst nach 6 Monaten.
RA Dr. Frank Stebner informiert in unserem Rechtsforum:
Der Arztvorbehalt in § 24 Satz 1 IfSG (www.gesetze-im-internet.de) gilt für die „Feststellung und Heilbehandlung übertragbarer Krankheiten“. Der „Arztvorbehalt“ gilt nicht für Krankheiten und Krankheitserreger, die nicht in § 24 Satz 1 IfSG genannt werden. § 24 verbietet es dann nicht, dass die Behandlung durch Heilpraktiker erfolgt. Dies gilt auch dann, wenn ein Kranker oder Infizierter gleichzeitig an einer in § 24 Satz 1 erwähnten Krankheit leidet; der Heilpraktiker darf dann nur die andere Krankheit behandeln (Kießling, IfSG, München 8/2020, Rn 7 zu § 24).
Interessante Links:
S1-Leitlinie Post-COVID/Long-COVID
www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/020-027l_S1_Post_COVID_Long_COVID_2021-07.pdf
Stand 04.08.2021
- Geändert am .