Berlin: Konferenz zu historischen Perspektiven auf Entstehung und Folgen des HeilprG 1939
Unter der wissenschaftlichen Leitung und inhaltlichen Organisation von Prof. Dr. Thomas Beddies (Charité Berlin) und Prof. Dr. Daniel Rottke (Berlin/Hochschule Neubrandenburg) fand in der Hörsaalruine des Berliner Medizinhistorischen Museums der Charité unter der Beteiligung von Historikern sowie Vertretern der Heilpraktiker und Politik unter der Schirmherrschaft des Antisemitismus-Beauftragten der Bundesregierung, Dr. Felix Klein, am 3. Dezember 2024 die Konferenz „Historische Perspektiven auf Entstehung und Folgen des Heilpraktikergesetzes von 1939“ statt. Auch Prof. Dr. Christoph Stock, der 2021 das „Rechtsgutachten zum Heilpraktikerrecht“ im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit erstellt hatte, war vor Ort, um eine juristische Sicht auf das Heilpraktikergesetz und seine Genese zu geben.
Nach Begrüßung durch Thomas Beddies eröffnete Schirmherr Felix Klein die Konferenz mit einem Impuls. Er nahm Bezug auf das Interview im Schwäbschen Tagblatt (s. VUH-Newsletter 3/24), in dem er Mitte Februar 2024 geäußert hatte, das Heilpraktikergesetz sei dazu geschaffen worden, „den Heilpraktiker-Beruf als einen der Naziideologie nahen neuen Beruf zu privilegieren“, und dass er, aufgrund des „Sturms der Reichstagstreppe“ einer Heilpraktikerin im Jahr 2020, den Beruf für „anschlussfähig“ an antisemitische Narrative halte. In seiner Rede relativierte Felix Klein nunmehr seine Aussagen und betonte, dass es sich um Einzelne handele.
Da sich bis dato die Anzahl der monografischen Arbeiten zu den Umständen rund um die Entstehung des Heilpraktikergesetzes als gering darstellt, sollte die Konferenz dazu beitragen, die Historie zu klären und Perspektiven aufweisen, wie es mit dem Heilpraktikergesetz künftig weitergehen kann.
„Aus meiner Sicht machten die verschiedenen Redebeiträge deutlich, dass das Heilpraktikergesetz nicht dazu gedacht war, den Heilpraktiker-Beruf zu privilegieren, sondern abzuschaffen“, so VUH-Vorstand Sonja Kohn, die vom VUH-Beirat für Jüdisches Leben in Deutschland, HP Yesha Karmeli, und seiner Frau Sophia, angehende Ärztin und Heilpraktikerin (nicht auf dem Bild), auf die Veranstaltung begleitet und unterstützt wurde.
Yesha Karmeli: „In den letzten Jahren sind Heilpraktiker immer wieder mit dem Vorwurf des Antisemitismus konfrontiert worden. Während einige wenige Einzelfälle tatsächlich beunruhigende antisemitische Äußerungen oder Verbindungen aufzeigen, distanzieren sich die meisten Heilpraktiker klar von solchen Ideologien. Als jüdischer israelischer Heilpraktiker habe ich in meiner Praxis vor allem Offenheit und Akzeptanz erfahren. Die Gemeinschaft der Naturheilkundigen zeichnet sich durch ein hohes Maß an Toleranz und Respekt gegenüber verschiedenen kulturellen und religiösen Hintergründen aus. Dies widerspricht den Vorwürfen, dass der Beruf besonders anfällig für antisemitische Einstellungen sei. Antisemitismus ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das in allen Bereichen bekämpft werden muss. Es ist entscheidend, die historischen Zusammenhänge differenziert zu betrachten und aktuelle Bewegungen nicht pauschal zu verurteilen.
Die Vermischung von berechtigter Kritik an antisemitischen Tendenzen mit der pauschalen Diskreditierung einer gesamten Berufsgruppe oder eines Heilverfahrens wird der Realität nicht gerecht und kann kontraproduktiv sein. Es sollte stattdessen darum gehen, antisemitische Tendenzen überall konsequent zu bekämpfen und gleichzeitig die wertvolle Arbeit und die Errungenschaften der Heilpraktiker und der Naturheilkunde anzuerkennen."
Wir hoffen, dass unser persönlicher Dialog mit Dr. Felix Klein auf der Veranstaltung dazu beitragen konnte, sich von dem Bild zu verabschieden, Heilpraktiker seien allgemein besonders „anschlussfähig“ für antisemitische Narrative.
Mit auf dem Foto, Sarah Gemeinbauer, Heilpraktikerin und Studierende an der Charité Berlin, die mit großem Interesse an der Veranstaltung teilnahm.
Der Beruf der Heilpraktiker für Psychotherapie wurde von Dr. Werner Weishaupt, Präsident des Verband Freier Psychotherapeuten, Heilpraktiker für Psychotherapie und Psychologischer Berater e.V. (VFP e. V.) vertreten.
Historische Perspektiven auf Entstehung und Folgen des Heilpraktikergesetzes von 1939
Der Natur verbunden – Yesha Karmeli wuchs in einem Moschaw auf und arbeitet als Heilpraktiker in Berlin
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