Hygiene-Frage des Monats: Risikoeinstufung von Scheren
In der Heilpraktikerpraxis kommen die verschiedensten Medizinprodukte bei der Behandlung von Patienten zum Einsatz. Sofern es sich nicht um Einmalprodukte handelt, müssen diese wieder sachgerecht aufbereitet werden. Medizinprodukte werden gemäß der europäischen Medical Device Regulation (MDR) in vier Risiko-Klassen unterteilt: I, IIa, IIb und III. Welche Risiko-Klasse ein Produkt bekommt, wird nach bestimmten Kriterien vom Hersteller festgelegt.
Unabhängig davon nehmen wir weiterhin unsere Risikoeinstufung in unkritisch, semikritisch und kritisch vor. Bei manchen Medizinprodukten ist diese Einstufung recht einfach (z.B. Aufbereitung eines Stethoskops, das i.d.R. lediglich mit intakter Haut in Kontakt kommt).
Bei anderen Medizinprodukten ist es schwieriger, da die Einstufung eines Medizinproduktes sich ändern kann, wenn z.B. ein erhöhtes Anwendungsrisiko (z.B. eine Infektion) besteht. Scheren in der Praxis können sogar allen Risikostufen zugeordnet werden. Warum kann das so sein? Unser Hygiene-Experte Dr. Tobias Kramer klärt auf.
Frage:
Ich habe eine Frage zur Risikoeinstufung von Scheren in der Praxis. Beim Vergleich bester Quellen (DGHK, KV, ÖGSV, diverser Fachbücher) ist mir aufgefallen, dass Scheren mal als unkritisch, mal als semikritisch A oder B, auch als kritisch A oder B eingestuft werden. Das irritiert mich komplett. Welche Scheren werden wie eingestuft?
- a) Schere im Büro
b) Gipsschere
c) Verbandsschere
Und was ist der Unterschied zwischen medizinischen und chirurgischen Scheren, und wie werden diese eingestuft?
Antwort:
Medizinprodukte werden vor der erstmaligen Verwendung gemäß ihrer Zulassung, Anwendung und Beschaffenheit (Aufbereitbarkeit) einer Risikoeinstufung durch den Anwender unterzogen. Die Einteilung erfolgt nach unkritisch, semikritisch und kritisch. Die Ergänzung A und B bezeichnen die Komplexität einer Aufbereitung aufgrund der Struktur des Produktes (Hohlräume, Gelenke, Arbeitskanäle).
www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Aufb_MedProd/Aufb_MedProd_node.html
Am Beispiel der Scheren:
Büroschere – kein Medizinprodukt
Gipsschere (Kontakt mit intakter Haut) – unkritisch
Verbandsschere (bei unmittelbaren Kontakt mit Schleimhaut/Wunde) – semikritisch
Schere, die bei operativen Eingriffen/invasiven Intervention angewendet wird – kritisch
Aus der Risikoeinteilung ergibt sich dann die Empfehlung zur geeigneten Aufbereitung (gemäß der Vorgaben des Herstellers).
Viele Grüße
Ihr Dr. Kramer
Stand 20.03.23
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