Abrechnungs-Frage des Monats: Ziffern zweimal abrechnen
Das GebüH an sich und der richtige Umgang damit ist für manche Kolleg:innen ein Buch mit sieben Siegeln. Deshalb wird das GebüH85 gern auch mal als „Gebühren-(Un)ordnung“ oder als „juristisches Desaster“ bezeichnet. „Obgleich das Gebührenverzeichnis“, laut RA René Sasse, „ein rechtliches Nullum (Nichts) darstellt, zeigt sich seine Hartnäckigkeit insbesondere bei der Frage der Erstattungen der privaten Krankenversicherungen“.
Und da Sie mit Ihren Patient:innen einen Behandlungsvertrag nach § 630a BGB abschließen, ist eine Nebenpflicht dieses Behandlungsvertrages, dass Sie alles Zumutbare tun, damit Ihre Patient:innen zumindest einen Teil ihrer Kosten von ihrer Versicherung erstattet bekommen.
Nach § 630 c BGB gilt Folgendes: Weiß der Behandelnde, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten nicht gesichert ist, oder ergeben sich nach den Umständen hierfür hinreichende Anhaltspunkte, muss er den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung in Textform informieren.
Heilpraktiker haben ihre Patienten vor Beginn der Behandlung über deren wirtschaftliche Folgen (inklusive der Erstattungsfähigkeit) aufzuklären. Anschließend ist es Sache des Patienten, sich von seiner Krankenversicherung die Behandlungskosten erstatten zu lassen. Da die beschriebene Beschränkung der Erstattungen auf die Sätze des Gebührenverzeichnisses Heilpraktikern generell bekannt ist, muss auf den hierdurch resultierenden Eigenanteil hingewiesen werden.
Auch aus diesem Grund sollte stets ein schriftlicher Behandlungsvertrag abgeschlossen werden.
Quelle:https://www.paracelsus.de/magazin/ausgabe/201506/das-gebueh-ein-juristisches-desaster
Frage ist, ob es möglich ist, bestimmte Ziffern mehrfach bei einem Behandlungstermin abzurechnen. Unser Abrechnungsexperte Dr. Frank Stebner klärt auf.
Frage:
Ist es möglich die GebüH Ziffer 20.2 z.B. sechsmal in einem Termin abzurechnen, wenn sechs Körperstellen behandelt wurden, und Ziffer 35.2 zweimal, wenn zwei Schultergelenke (rechts und links) behandelt werden bzw. zweimal, wenn eine Schulter und die Wirbelsäule behandelt wird?
Antwort:
Die Ziffer 20.2 GebüH erfasst die Nervenpunktmassage nach Cornelius, Aurelius u.a. Spezialnervenmassage als die Gesamtheit der behandelten Punkte. Wäre die Ziffer pro behandelten Punkt anzusetzen, würde sich dies aus der Leistungslegende ergeben. Da dies nicht der Fall ist, darf die Ziffer 20.2 GebüH nur einmal pro Behandlung abgerechnet werden.
Ziffer 35.2 GebüH kann bei der osteopathischen Behandlung der Schultergelenke abgerechnet werden, also beider Schultergelenke in einer Sitzung. Wäre die Ziffer pro Schultergelenk abrechenbar, würde dies in der Leistungslegende so ausgedrückt: osteopathische Behandlung eines Schultergelenks. Dies ist nicht der Fall. Die Ziffer 35.2 GebüH kann also nur einmal abgerechnet werden, auch wenn beide Schultergelenke in einer Sitzung osteopathisch behandelt werden.
Zur osteopathischen Wirbelsäulenbehandlung kann die Ziffer 34.2 GebüH analog abgerechnet werden. Eine Anleitung zur Analogabrechnung finden Sie in den §§ 6 Abs. 2 und 12 Abs. 4 GOÄ (www.gesetze-im-internet.de). Ihr Dr. Frank Stebner, RA und FA Medizinrecht
Weiterführende Links:
Korrekte Rechnungsstellung in der Heilpraktikerpraxis – Teil 1:
https://www.paracelsus.de/magazin/ausgabe/202202/korrekte-rechnungsstellung-teil-1
Korrekte Rechnungsstellung in der Heilpraktikerpraxis – Teil 2:
https://www.paracelsus.de/magazin/ausgabe/202203/korrekte-rechnungsstellung-teil-2
Gebühren-(Un)ordnung für Heilpraktiker:
https://www.paracelsus.de/magazin/ausgabe/201006/gebuehren-unordnung-fuer-heilpraktiker
Stand: 14.12.2022